La Chemise Lacoste
Anne LepperFelix darf Balljunge werden: Ein ominöser Staat hat ihn auserkoren in höhere Sphären aufzusteigen, in die Welt der Privilegierten und Reichen, aus der man nicht Geld, aber weisse Hemden nachhause schickt. Auch Kay, die Freundin des erfolgreichen Tennisstars Sebastian, darf scheinbar dazugehören. Auf einer Party im Vereinshaus, wo sich Sebastian feiern lässt, ruft sie mit ihren verzweifelten Versuchen, sich immer wieder in Szene zu setzen, jedoch Irritationen hervor, so dass sie am Ende ausgestossen und von einem wütenden Mob überwältigt wird.
Anne Lepper hat mit «La Chemise Lacoste» eine Parabel geschrieben über den grotesken Kampf um Anpassung und Anerkennung in einer Gesellschaft, in der keiner mehr «Die Regeln des Tennis» zu kennen scheint. Bitterböse nimmt sie die Rituale und Denkmuster einer sogenannt liberalen und aufgeklärten Gesellschaft aufs Korn und zeigt am Beispiel von Felix und Kay zwei absurde Aufstiegsversuche, die von den Protagonisten entweder mit dem Verstand oder dem Leben bezahlt werden.
Mit Anne Lepper haben wir uns für eine der eigenwilligsten und sprachgewandtesten, zeitgenössischen Autorinnen entschieden. Ihre kondensierten Sätze gehen keinen modischen Trends auf den Leim. Lepper kreiert ihren eigenen Sound, der unaufgeblasen, direkt und wohltuend unzeitgemäss wirkt. Ihr Stück «La Chemise Lacoste» ist am Theater Winkelwiese als Schweizer Erstaufführung zu sehen. Es ist gleichzeitig die erste Regiearbeit von Manuel Bürgin an der Winkelwiese in seiner Funktion als neuer Leiter.
PRESSESTIMMEN
… Ein leichtes Stück ist «La Chemise Lacoste» nicht. Mit zahlreichen Anspielungen auf Literatur, Film, Musik und Philosophie hat Anne Lepper zahlreiche Verständnisklippen eingebaut, die dem Zuschauer den Aufstieg in ihre Sphäre erschweren. Gleichwohl ist der Abend sehenswert. Die coole Atmosphäre, die fliegenden, abgehobenen Dialoge, die ideenreiche Umsetzung von Manuel Bürgin und vor allem das hervorragende Spiel des vierköpfigen Ensembles halten das Publikum bei der Stange.
(SDA, Karl Wüst, 24. Januar 2016)
… Leppers klügster Kniff besteht darin, dass sie auch auf den bildungsbürgerlichen Stolz des Establishments zielt: Ihre Figuren hangeln sich von einem literarischen Zitat zum nächsten – von Horvaths Zeppelin, der in «Kasimir und Karoline» nach Oberammergau fliegt, bis hin zu Büchners «rotem Mond», der «wie ein blutig Eisen» aufsteigt. «War das jetzt Rilke?», fragen Leppers Figuren etwa. Es sind solche Momente der Entlarvung, in denen man das Hütchen vor der Autorin lüpft, deren Name in Theaterkreisen noch nicht zu den meistzitierten gehört. (Tages-Anzeiger, Andreas Tobler, 25. Januar 2016)
In «La Chemise Lacoste» beschreibt die Autorin Anne Lepper die Dekadenz einer weltabgewandten Elite. Manuel Bürgin macht daraus eine fesselnde Inszenierung, in der zum Glück auch Witz Platz hat.
(NZZ, Katja Baigger, 28. Januar 2016)
Radiokritik von Kaa Linder HIER
Regie Manuel Bürgin Mit Jeanne Devos, Vivianne Mösli, Matthias Rott, Alexander Maria Schmidt Bühne Barbara Pfyffer Kostüme Diana Ammann Musik Sandro Corbat Dramaturgie Denise Rickenbacher Technik und Licht Tashi-Yves Dobler Lopez und Paul Schuler Regieassistenz Brigitte Grüninger Aufführungsrechte schaefersphilippen, Köln Eigenproduktion Theater Winkelwiese Gefördert durch MIGROS-KULTURPROZENT, Ernst Göhner Stiftung, Alfred und Ilse Stammer-Mayer Stiftung, Jürg George Bürki-Stiftung
Fotos: Ingo Höhn
Video: Pierpaolo Gandini