Geisterspiel
von Andri Beyeler und Martin BieriAlles beginnt auf dem Gotthard. Hier stehen die Berge so gestaffelt, wie die Schweizer ihre Verteidigung organisiert haben: im Fussball wie im Militär. Ein ehemaliger Spielerberater und ein zu früh pensionierter Materialwart des Fussballverbandes treffen im Passrestaurant aufeinander. Beide sind unterwegs nach Malta, um ein wichtiges Spiel zu sehen. Unabhängig voneinander aufgebrochen, kreuzen sich ihre Wege immer wieder. Dazwischen besucht der eine seine ewige Affäre und gerät an einen ehemaligen Gymnasiallehrer, der ihm eine Lektion erteilt. Der andere übt sich in Weltläufigkeit und verliert sich beinahe in den Augen eines Hundes.
Auf ihrer Reise stossen die beiden Auslaufmodelle auf Abzweigungen, die sie konsequent nicht nutzen. Der Trip Richtung Süden gerät zur Abrechnung mit dem eigenen Leben. Und wie nebenbei werden Schauplätze der Schweizer Geschichte gestreift: Orte des Übergangs wie der Gotthard oder Chiasso, der Verrat von Novara oder die unverwundene Niederlage in Marignano.
Am Ende laufen alle Wege in einem verfallenen Fussballstadion auf Malta zusammen und das finale Geisterspiel kann beginnen.
Andri Beyeler ist einer der wenigen Schweizer Autoren, die auf Mundart fürs Theater schreiben. Zusammen mit Martin Bieri erzählt er in diesem Roadmovie für die Bühne von einer Schweiz, die es so nicht mehr gibt. Eine traurig-schöne Geschichte über einstige Grösse, das Verhältnis der Schweizer zu Europa und über das eigene Scheitern.
URAUFFÜHRUNG
Andri Beyeler ist Mitglied der freien Tanz-Theater-Gruppe Kumpane und arbeitet als Autor und Dramaturg. Seine Stücke, u. a. DIE KUH ROSMARIE, KICK & RUSH und THE KILLER IN ME IS THE KILLER IN YOU MY LOVE, wurden in Deutschland, Frankreich, Estland, Holland, Indien, Italien, Kroatien, Österreich, Rumänien, der Schweiz, Slowenien und Spanien aufgeführt und mit diversen Preisen ausgezeichnet wie dem Deutschen Jugendtheaterpreis (2004), dem Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin (2005) und dem Preis der Welti-Stiftung für das Drama (2017).
Martin Bieri ist als Autor, Dramaturg und Journalist in Deutschland und der Schweiz tätig. Neben seiner langjährigen Zusammenarbeit mit der freien Gruppe Schauplatz International war er Dramaturg am Theater Neumarkt und am Luzerner Theater. Aktuell arbeitet er mit der Performancegruppe ultra sowie den RegisseurInnen Max Merker und Marie Bues zusammen. Für seine Lyrik wurde er mit dem Literaturpreis des Kantons Bern (2016) und dem Literaturpreis der Stadt Bern (2017) ausgezeichnet.
Fotos: Ingo Höhn
Regie Manuel Bürgin Mit Hans Rudolf Spühler, Peter Rinderknecht, Andri Schenardi, Ruth Schwegler Live-Musik Sandro Corbat Bühne und Kostüme Beni Küng Bühnenbild- und Kostümassistenz Jacqueline Weiss Technik Peter Göhler-Blaser, Paul Schuler
Regieassistenz Jennifer Warisch Produktionsleitung Andrea Brunner Aufführungsrechte Theaterstückverlag München Eigenproduktion Theater Winkelwiese Koproduktion Schlachthaus Theater Bern Gefördert durch Stanley Thomas Johnson Stiftung, Ernst Göhner Stiftung, Migros-Kulturprozent
PRESSESTIMMEN
«Manchmal spricht einer über Fussball, während der andere von etwas anderem redet, und sie reden nebeneinander her, bis der Dialog plötzlich wieder ineinandergreift. Solche Verschiebungen machen den Reiz und die Poesie dieses Mundartstücks aus, das im Kellergewölbe der Winkelwiese uraufgeführt wird. Die Autoren Andri Beyeler und Martin Bieri lassen Untergründiges aufscheinen, „Löcher an der Oberfläche des Normalen“, auch Löcher im Selbstverständnis der Schweiz.»
Martina Läubli, NZZ am Sonntag, 27.01.2019
«„Geisterspiel“ von Andri Beyeler und Martin Bieri ist ein Text über die Leidenschaft für den Fussball, fernab von Fanklubs, Skandalgeschichten und tagesaktuellen Schlagzeilen. Das Stück ist eine Abhandlung darüber, was die ganz persönliche Liebe zum Fussball ausmacht. Erzählt wird sie aus der Perspektive zweier Männer, deren Dienste für das Fussballgeschäft einst unverzichtbar waren. Heute pflegen die ergrauten Herren die hohe Kunst des Schwelgens und kommen zu späten Einsichten. (…) Regisseur und Hausherr Manuel Bürgin bringt diesen Text als szenische Rhapsodie auf die Bühne. Passend dazu hat Bühnenbildner Beni Küng eine abschüssige Rampe gebaut, die längs durch das Kellergewölbe verläuft. Sie dient zugleich als Bartresen für ausufernde Dialoge wie auch als Leitplanke einer imaginären Autobahn, an deren Ende ein verwaistes Stadion wartet. (…) Live-Musiker Sandro Corbat begleitet das elegische Movie durch die Erinnerung elegant und eingängig und sorgt für Atmosphäre, wo es dem Text an Spannung fehlt. So wird aus dem „Geisterspiel“ ein Kleinod, das nicht zuletzt einen liebenswürdigen Blick freigibt auf die fussballfiebrigen Träume von ewigen Buben, denen das Älterwerden nicht wirklich etwas anhaben kann.»
Kaa Linder, SRF 2 Kultur kompakt, 22.01.2019
«Vieles, was die beiden sagen, hat absurde, alltagsphilosophische, mitunter auch lyrisch-poetische Qualitäten. Unter der Regie von Manuel Bürgin gelingt es Peter Rinderknecht und Hans Rudolf Spühler, die mitunter auch amüsanten Sprachspielereien mit Leben zu füllen. Das ist die Stärke des Stücks.»
Karl Wüst, SDA, 20.01.2019