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AFTER THE END

NZZ

MANN UND FRAU IM BUNKER
«AFTER THE END» IM THEATER AN DER WINKELWIESE
Während sich das, was hier gespielt wird, sehr zeitgemäss gibt, ist es vor allem absolut raumgemäss. Die Geschichte von Mann und Frau zu terroristischen Zeiten in einem Bunker scheint dem Theater an der Winkelwiese derart auf das verliesartige Kellergewölbe geschrieben, dass man meint, der britische Dramatiker habe „After the end“ von Anfang an für diesen Ort vorgesehen. Entsprechend misstraut man dem Programmheft, das behauptet, es handle sich bei der deutschsprachigen Erstaufführung um ein Gastspiel des Berliner Deutschen Theaters. So kann sich das Stück unter der Regie von Christoph Mehler in Zürich den Luxus einer Minimalbühne leisten, die nur aus Licht besteht, und das diffuse Gefühl von Bedrohung überträgt sich ohne weiteres von den beiden Bunkerinsassen auf das hier ohnehin beengte Publikum. Gefährlich ist es „da draussen“, erklärt Mark (Mirco Kreibich) Louise (Julie Bräunig), denn Terroristen hätten eine Atombombe gezündet, worauf er sie, die geliebte und begehrte Ohnmächtige, in den längst schon für diesen Fall vorbereiteten Schutzraum gerettet habe. Doch Gefahr lauert auch oder womöglich mehr noch hier drinnen, denn Mark nutzt die knappen Lebens- als Druckmittel, um Louises «Liebe» zu erzwingen, und führt vor, wie Gewalt jenseits von kruder Handgreiflichkeit in feinste Formen verästelt, ohne das Gewünschte jemals zu erreichen. Der vielschichtige Rollenwechsel vom Treusorgenden zum Tyrannen macht diese Figur interessanter als die Frauenrolle, die mit trotzender Abwehr der Übergriffe, Angstattacken und Anfälle ohnmächtiger Wut eindeutig auf der Opferseite spielt. Die Assymmetrie wird noch verstärkt, wenn sich zum schluss herausstellt, das die Terrorgeschichte bloss Marks Erfindung war (das darf man verraten, weil die Auflösung im gekürzten Stück leicht zu überhören ist) und die Einbunkerung den Zeitbezug von „Terror“ zu „Kmpusch u.a.“ wechselt. Was politisch so korrekt sein mag – der männliche Autor dramatisiert die Frau klar als Opfer des Mannes -, dient theatralisch nicht unbeding der Sache der Frau.
NZZ, Christine Weder, 30.05.2009

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