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DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS

Porträt: Die Welt in Explosion

Christoph Fellmann, Tages Anzeiger, 7.3.2015

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Porträt: Die Figuren des Lotz

NZZ, Peter Michalzik, 8.5.2015

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Kritik: Unsere Fremdheit in der Dritten Welt als Hörstück

Alexandra Kedves, Tages Anzeiger, 18.5.2015

«Mit clownsrot verschmierten Mündern hat just in Berlin ein Frauenquartett «Die lächerliche Finsternis» auf die Bühne gejault: Die Wiener Uraufführungsinszenierung des dramatischen Meisterstreichs war am «Theatertreffen». Stephan Roppel im hiesigen Theater an der Winkelwiese entschied sich dagegen für eine leisere Gangart. Jeanne Devos, Ingo Ospelt, Florian Steiner und Hansrudolf Twerenbold geben die Stimmen- und Geräuschpartitur des 1981 geborenen, im Schwarzwald aufgewachsenen Autors oft im tastend reflektierenden Solo oder im untergründig angespannten Duett - ganz vorn an der nicht vorhandenen Rampe stehend.
Es ist, als ob sie aus den Seekisten, die Bühnenbildnerin Marcella Incardona zur instabilen Welt gestapelt hat, eine Seemannsgarnspule nach der anderen herausholen. Wobei das Garn hier nicht glitzert: Lotz erzählt etwa mit den Worten eines verhafteten somalischen Piraten von der Armut in Mogadiscio; ein verkommener italienischer Camp-Kommandant im Dschungel präsentiert die wirtschaftspolitischen Hintergründe angeblich humanitärer Blauhelmeinsätze; ein deutscher Hauptfeldwebel und sein Unteroffizier lassen sich von jenem dumpfen Gefühl permanenter Angst und Sinnlosigkeit überwältigen, mit dem deutsche Soldaten am Hindukusch ständig zu kämpfen haben: Das Duo Ospelt/Steiner setzt da schauspielerische Höhepunkte. Aber eigentlich erzählt Lotz davon, dass wir grundsätzlich nichts wissen können vom Fremden. Unbarmherzig stellt er in seinem Hörstück die Beschränkungen seines Schreibens aus.
Roppel nimmt diese Ausstellungsstücke und spielt mit ihnen. Er lässt im Schrecken das Komödiantische nachschwingen; man spürt den Gourmet der Klänge, auch der behutsam ausgestalteten Dynamik. «Wenn wir schreiben, fordern wir eine Autonomie von der Welt!», sagt Lotz in seiner «Rede zum unmöglichen Theater». «Wenn wir schreiben, propagieren wir die Fiktion!» Genau dies hat auch Roppel am Haus, das er seit 2003 leitet, konsequent getan. Sein Gehör für Texte, sein Faible fürs Weben fiktionaler Netze machte er nicht nur in eigenen zurückhaltend-diskreten Inszenierungen fruchtbar. Sondern auch in den Spielplanentscheidungen für junge Dramatik, als Juror etwa bei den St.Galler Autorentagen und als Gesamtleiter des erfolgreichen Autoren-Förderformats «Dramenprozessor», das heuer mit einem Schweizer Theaterpreis ausgezeichnet wurde.
«Die lächerliche Finsternis» war Stephan Roppels Abschiedsvorstellung; im Sommer übergibt er die Winkelwiese-Leitung Manuel Bürgin. Ein würdiges Adieu.»

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Kritik: Flussfahrt auf dem Hindukusch

Anne Bagattini, NZZ, 18.5.2015

«Am Anfang war alles finster und gar nicht da», erzählt die Grossmutter. «Und Gott schuf ein grosses Maschinengewehr, und er schuf einen Pick-up, und er schuf eine deutsche Firma, die Leuchtspurmunition herstellt, und er montierte das Maschinengewehr auf die Ladefläche des Pick-ups und schoss mit der Leuchtspurmunition wie ein Irrer in die Finsternis, und so wurde der Himmel geschaffen.» Es ist eine schreckliche und gleichzeitig höchst abstruse Welt, in die Wolfram Lotz sein Publikum entführt. Der junge, mehrfach ausgezeichnete deutsche Autor hat «Die lächerliche Finsternis» als Hörspiel geschrieben. Das Theater Winkelwiese zeigt das Werk nun, wie zuvor bereits verschiedene andere Bühnen, als Theaterstück. Es ist die letzte Inszenierung des scheidenden Intendanten Stephan Roppel.

Wie in den beiden Vorlagen – Joseph Conrads «Herz der Finsternis» und Francis Ford Coppolas «Apocalypse Now» – fahren ein militärischer Befehlshaber und sein Untergebener auf einem Fluss immer tiefer in den Dschungel hinein, auf der Suche nach einem durchgedrehten hohen Offizier. Der Fluss heisst hier Hindukusch. Auf die Bemerkung, das sei doch kein Fluss, sondern ein Gebirge, entgegnet Hauptfeldwebel Oliver Pellner (Ingo Ospelt): «Die Leute sehen was im Fernsehen und meinen dann zu wissen, dass der Hindukusch ein Gebirge ist. Ich aber war da, ich bin den Hindukusch hochgefahren. Es ist ein dunkler, langsam fliessender Strom.» Unterwegs mit Unteroffizier Stefan Dorsch (Florian Steiner), trifft er auf kuriose Gestalten: den italienischen Blauhelm-Kommandanten Lodetti (Hansrudolf Twerenbold) oder den Händler Bojan Stojkovic (Jeanne Devos). Zwischendurch fahren die zwei Militärs tage- und nächtelang durch die «Regenwälder Afghanistans».

Auf der Bühne (Marcella Incardona) findet sich nichts als ein Dutzend Holzkisten. Die Bilder entstehen in den Köpfen des Publikums: einerseits durch die lebendige Erzähl- und Spielweise des Schauspielerquartetts, anderseits durch gezielt eingesetzte, auf der Bühne live produzierte Geräusche. Roppels Abschlussarbeit ist eine Theaterproduktion mit Hörspielcharakter – eine faszinierende, die Phantasie stark anregende Mischung.

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Vorschau WOZ "Finsternis"

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Vorschau Züritipp "Finsternis"

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Kritik: Exotik

Thierry Frochaux, P.S. 22.5.2015

S. KRITIK FINSTERNIS.PDF | 185 KBytes

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