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ERREGER

Spiel:Ernst C. Sigrist
Regie:Stephan Roppel
Bühne:Marcella Maichle
Licht:Michael Omlin
Dramaturgie:Sybille Heim
Regieassistenz:Pascale Vogel

Was geschieht mit einem Börsenmakler, wenn ihm sein täglicher Hochleistungssport auf dem Parkett des Börsensaals entzogen wird?

Ein vitaler, erfolgreicher und immer aktiver Trader gerät urplötzlich in Quarantäne. Virusbefall. Eingesperrt in einen hermetisch abgeriegelten Raum, wird er auf sich selbst zurückgeworfen. Seine Gedanken rennen in einem Monolog um sein Leben, drehen sich um Aufstieg und Fall, Bullen- und Bärenjagd, Halten und Abstossen. Kindheitserinnerungen vermischen sich sprung- und bruchstückhaft mit Gedankenfetzen über die Mechanismen der Börsenwelt und über seine Ehe. Fieberhaft redet er gegen seine Krankheit an und verliert sich zunehmend in einem gigantischen Versuch, seine Lebenssituation zu begreifen.

Mit diesem doppelbödigen und sprachmächtigen Text rührt Ostermaier am zentralen Nervensystem unserer Gesellschaft. Über die blosse Beschreibung der Marktgesellschaft hinausgehend spielt er auf virtuose Weise mit dem alltäglichen Wahnsinn der Geldmacher, mit der Biologisierung der Börsensprache und mit den Krankheitsmetaphern in der Computerwelt: Bullen, Bären, Viren. «Erreger» schildert in Bernhard’scher Manier die gigantische Auflehnung eines Einzelkämpfers gegen das Auseinanderbrechen seiner Existenz. Hier wird ein Mensch sichtbar, der sich von jeglicher Realität und Lebensnähe entfremdet hat, ein krankhaft süchtig gewordener Informationsjunkie, dessen letzte Station folgerichtig die Isolation ist. Erst durch die physische Abschottung von jeglicher Aussenwelt entwickelt er ein Bewusstsein für seine Existenz und beginnt zu reden: etwas schreckliches geschieht in mir/als Kind war ich nie krank/nur einmal habe ich fast eine/wespe auf meiner lippe verschluckt/als ich nach luft schnappte vor/angst ...

«Erreger» wurde am 21. Oktober 2000 am Staatstheater Hannover uraufgeführt mit Thomas Thieme in der Rolle des Börsenmaklers. Regie führte Lars-Ole Walburg. Ulrich Lampen hat das Stück 2001 für den Bayerischen Rundfunk als Hörspiel produziert.

Albert Ostermaier, geboren 1967 in München, ist sowohl als Lyriker wie auch als Dramatiker einer der erfolgreichsten jungen Autoren im deutschsprachigen Raum. Er war als Hausautor am Nationaltheater Mannheim und am Bayerischen Staatsschauspiel in München tätig. Albert Ostermaier wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Autorenpreis des Heidelberger Stückemarktes 2000 und dem
renommierten Kleist-Preis 2003.

Die Zusammenarbeit zwischen Ernst C. Sigrist und Stephan Roppel begann 2000 mit dem Projekt «Bewegliche Ziele» im Rahmen von «Winkelwiese unterwegs!» und wurde mit «Port Authority» fortgesetzt. Ernst C. Sigrist spielte im Theater an der Winkelwiese zudem bei «Der letzte Henker», «Die arabische Nacht» und «Leben bis Männer».

Spieldaten

Donnerstag, 10. Februar 2005 – 20:30 Uhr – Premiere

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