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FLIEGEN/GEHEN/SCHWIMMENKoproduktion:
Früher Morgen, die Betriebsamkeit einer Bahnhofshalle. Swayze erwacht mit einem schlechten Geschmack im Mund. Den wird er nicht los, und schuld daran ist die Globalisierung. Helga liegt neben ihm und träumt von einem abgeschlossenen Psychologiestudium und einem Leben auf dem Land. Ihre ständige Begleiterin ist eine Ratte mit Namen Freiheit. Schnitt: Holger, ein Polizist Mitte dreissig, sucht Kontakt zur etwas älteren Anke und redet dabei vor allem von sich. Es entstehen peinliche Gesprächspausen, welche die arbeitslose Psychologin auch nicht zu überbrücken weiss. Zwischen den vier Figuren entwickelt sich ein Geflecht von unverbindlichen Momenten des Begehrens und brüchigen und ungefähren Vorstellungen einer möglichen Zukunft. „Ja, wir werden irgendwann mal so was wie eine Vergangenheit miteinander aufbauen, das spür ich so stark,“ sagt Helga zu Holger. Später fliegt sie mit ihm in einem Helikopter über die Steiermark. Die kleine Flucht dauert eine Flugstunde lang. Derweil kümmert sich Anke um Swayze – nicht ganz ohne Eigennutz. Johannes Schrettle porträtiert in „fliegen / gehen / schwimmen“ eine Generation, die sich nach politischer Verbindlichkeit und Wirksamkeit sehnt, deren Politisierung und gesellschaftlicher Gestaltungswille jedoch im Unkonkreten und Flüchtigen verpufft: „Oder rausfahren. Wir könnten auch rausfahren irgendwohin, wo ein Bürgerkrieg oder eine Globalisierungsdemo oder so ist?“ Formulierungen dieser Art zeugen nicht nur von einer politischen Orientierungslosigkeit der Figuren. Sie sind auch das defensive und scheinbar gleichgültige Sprachmuster, in welche ihre tastenden Beziehungs- und Lebensversuche gefasst sind. Über den Status Quo ihrer krisenhaften Existenz kommen sie im Laufe der Handlung kaum hinaus. Ratlos sehnen sie sich nach gesellschaftlicher Verortung und finden kaum ein Mittel, ihre lähmende Antriebslosigkeit zu überwinden. In schnellen Schnitten und kurzen prägnanten Szenen erzählt der Autor diese Geschichte fast skizzenhaft und schildert das pseudopolitische Milieu um Swayze und Helga selbstironisch und in zuweilen sehr komischen Dialogen und Situationen. Johannes Schrettle wurde 1980 in Graz geboren und studierte in Graz und Wien Germanistik, Französisch, Spanisch, Soziologie und Publizistik. Seit 1998 arbeitet er als Theaterautor. Im Theater im Bahnhof in Graz entstanden zahlreiche seiner Texte in gemeinsamen prozesshaften Stückentwicklungen mit den Schauspielern. Das Theater am Bahnhof gilt als das grösste freie Theater Österreichs. Die Regisseurin Hannah Steffen hat die junge Gruppe Friendly Fire Productions 2004 zusammen mit Christof Hetzer ins Leben gerufen. Zum ersten Mal realisiert sie mit dieser Formation eine Inszenierung am Theater Winkelwiese. Inhaltlich gibt es manche Berührungspunkte zwischen Schrettles Theaterarbeit in Graz und den Anliegen von Friendly Fire Productions. Dazu sagt Hannah Steffen: „Überblicke ich das Umfeld meiner ungefähr gleichaltrigen Freunde und Bekannten, so lassen sich an unseren Biographien ähnliche Zäsuren und Untergliederungen feststellen. Unsere Jobs sind vielfältig, dazu abwechslungsreich oder gar aufregend und immer zeitlich begrenzt. Unsere sozialen Bindungen erstrecken sich in einem weitflächigen Netz, das wir mit allen uns verfügbaren Kommunikationsmitteln pflegen. Unser engster Freundeskreis hat sich im Laufe der Jahre über die vielversprechenden Städte Europas verteilt. Unsere Liebesbeziehungen dauern nicht an. Unsere Familien sind zum Grossteil durch mindestens eine Trennung in zwei oder gar mehrere Familien mit jeweils unterschiedlichen Wohnorten aufgesplittet. Nichts in unserem Leben ist von Bestand, alles unsicher, das meiste befristet.“ Mit freundlicher Unterstützung von: PRESSESTIMMEN Wie kann ein Text mit soviel Theorie auf der Bühne zum Leben erweckt werden? Da wimmelt es von Ausdrücken wie Autonomie, Anarchie, Ressourcen, Workshop, Globalisierung, Bio und Strapazieren, da spricht ein Polizist von Metaphern und ruft, immer, wenn es ihm «kommt»: «Nie wieder Faschismus!» Nun ist das 2005 uraufgeführte Stück erstmals in der Schweiz zu sehen - in einer Inszenierung von Hannah Steffen und einem genialen Bühnenbild von Valerie Hess und Stefanie Schaad, in dem durch das Umhängen von Schlafsäcken jeweils neue Räume entstehen. «fliegen gehen schwimmen» zeichnet ein treffendes Bild junger Menschen, die orientierungslos durchs Leben schlingern, weil ihnen jeglicher Halt fehlt in der globalisierten Welt - auch wenn das Geschehen auf der Bühne gegen Schluss zuweilen etwas unverständlich wird. Spieldaten
Samstag, 13. November 2010 – 20:30 Uhr
– Premiere – Ausverkauft |
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