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GIFT

GIFT - NZZ

«Freidig arbeitet filmisch, mit Schuss und Gegenschuss, mit Einblendungen und Abblendungen, die aus einem Zeitraum von zwölf Jahren (so alt wird die Tochter) Szenen einer überforderten Ehe filtern. Nur in Ahnungen wird ihre Erkrankung benannt (es fällt, bei der Suche nach der Ursache, das Wort «manisch-depressiv») und ihr Leiden nur in Andeutungen beschrieben. Freidigs Interesse liegt bei den Menschen, die sich dieses Kind so sehnlichst gewünscht haben und nun feststellen müssen, dass ihr Liebstes anders als andere ist. Es will sterben. - Doch woher hat die Tochter diesen Wunsch? Reagiert sie auf die Überlastung der Eltern, auf deren Enttäuschung, auf die Ratlosigkeit der Ärzte? Wen will sie entlasten, wen erlösen? Aus diesen quälenden Fragen baut Freidig einen Unterbau zum Thema «Sterbehilfe», der in neue Abgründe führt. «Gift» debattiert nicht den Freitod, sondern die Verantwortlichkeit von Eltern über ein Leben, das sie in die Welt gesetzt haben. Wenn die mädchenhafte Störmer und der dauerjugendliche Torpus, befreit vom «Klotz am Bein», sich später ein nächstes Kind wünschen . . . hat die Tragödie im Grunde erst begonnen: das Drama vom Kinderwunsch als Glücksspiel mit mehreren Versuchen.»

Daniele Muscionico, NZZ, 24.11.2006

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