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JULI
Spiel:Viviane Mösli
Franziska Dick
Regie:Stephan Roppel
Kostüme:Petra Strass
Dramaturgie:Fanti Baum
Licht:Stefan Marti
Technik:Stefan Marti
Michael Omlin
Aufführungsrechte:Henschel Schauspiel
Theaterverlag Berlin

Ein Mann steht vor dem Nichts. Sein Haus ist abgebrannt. Im Juli. Der in alle Ewigkeit verfluchte Monat ist Ausgangspunkt eines gewaltsamen Aufbruchs in eine ungewisse Zukunft. Der Mann mordet, flieht entkräftet unter eine Brücke und in eine Kirche, spricht mit einer Frau ohne Nase und erreicht endlich das Smolensker Irrenhaus. Sechs Jahre verfliegen wie ein Tag, er hört Engelsstimmen. Die Krankenschwester im Irrenhaus entpuppt sich als seine Jugendliebe. Aber warum nennt sie sich nun Nelly D. und nicht Janna M. wie damals vor fünfzig Jahren, als sie für ihn im unschuldigen Alter von 14 Jahren ihre blitzenden Knie und eigenartigen Beine zur Schau stellte?

Der Bericht eines Psychopathen ist zunächst ein gewaltsamer Exzess und eine gigantische Auflehnung gegen die widrigen Umstände eines jämmerlichen Lebens und entwickelt sich zu einer phantastischen und albtraumhaften Irrfahrt durch menschliche Bewusstseinszustände. Vorangetrieben durch die Unbegreiflichkeit des Lebens und der Welt sucht der Mann nach Erlösung und Befreiung – ein fiebriger schwindelerregender Trip im Spannungsverhältnis zwischen geschundenem Körper, wirrem Geist und obdachloser Seele. Wyrypajew lässt den Monolog des alten Mannes von einer jungen Frau sprechen und verschärft damit die Frage nach der Wirklichkeit. In unserer Inszenierung gehen wir noch einen Schritt weiter und lassen den Monolog des Mannes von zwei Frauen sprechen. Die Ich-Erzählung des alten Mannes ist auch ein Spiel mit der Identität.

Der 1974 in Irkutsk geborene Iwan Wyrypajew zählt mittlerweile zu den bedeutendsten und meistgespielten Gegenwartsdramatikern Russlands. Nach dem Schauspielstudium in Irkutsk gründete er das Theaterstudio «Spieltraum». 1998 begann er eine Regieausbildung an der Moskauer Theaterhochschule Schukin und arbeitet seit 2001 mit seiner eigenen Theatergruppe in Moskau am «Zentrum Neues Drama: Theater.doc». Vor allem sein Stück «Sauerstoff» (2002) hat ihn auch international bekannt gemacht. In der vergangenen Spielzeit war von ihm schon die deutschsprachige Erstaufführung von «Genesis Nr. 2» in der Regie von Katarina Gaub am Theater Winkelwiese zu sehen. Iwan Wyrypajew lebt heute in Moskau und arbeitet als Regisseur, Schauspieler, Dramatiker und Drehbuchautor.

Pressestimmen

«Der lakonische Monolog des psychopathischen Serienmörders ist Einblick in die wirre Logik eines Irren. Nicht die Geschichte eines Monsters zeichnete der in Sibirien geborene, heute in Moskau lebende Autor Iwan Wyrypajew mit seinem Stück auf, sondern die Zerrissenheit einer gepeinigten Seele. Die Irrfahrt der Verzweiflung wird dabei zum Rachefeldzug eines «Randständigen», eines von der Gesellschaft Deformierten. Denn das Psychogramm des Wahnsinnigen entblösst nicht nur seine gespaltene Persönlichkeit, sondern entlarvt auch eine zutiefst gespaltene Gesellschaft.»
Gina Bucher, NZZ, 15. Dezember 2009

«In einem einhalbstündigen Parforceakt bewältigen Franziska Dick und Vivianne Mösli das virtuos verzahnte Textpensum. Was sich zunächst anhört wie eine Publikumsbeschmutzung, wie der Rechtfertigungstrip eines gewalttätigen Jammerlappens, weitet sich nach und nach zum uneindeutigen Vexierbild. Sucht hier eine betörend flirrende Sprache nach psychologisch geschulten Komplizen? Oder ist das der Sound einer durch und durch maroden, von Krieg und Gewalt zerrütteten Gesellschaft? Eine bequeme Auflösung bietet die mutige Inszenierung nicht an.»
Monika Burri, Tagesanzeiger, 18. Dezember 2009

Spieldaten

Samstag, 12. Dezember 2009 – 20:30 Uhr – Premiere
Donnerstag, 7. Januar 2010 – 20:30 Uhr
Freitag, 8. Januar 2010 – 20:30 Uhr
Samstag, 9. Januar 2010 – 20:30 Uhr
Mittwoch, 13. Januar 2010 – 20:30 Uhr
Donnerstag, 14. Januar 2010 – 20:30 Uhr
Freitag, 15. Januar 2010 – 20:30 Uhr
Samstag, 16. Januar 2010 – 20:30 Uhr

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