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LEERE STADTEIN KLUGES STÜCK: "LEERE STADT" VON DEJAN DUKOVSKIIsabel Hemmel, Tages Anzeiger, 26.9.2011 Es war eine gute Idee, Christoph Rath als Deserteur Gjero zu besetzen. Diesem dünnen jungen Mann mit den angstvollen Augen glaubt man sofort, dass er nicht weiss, „wozu dieser Krieg gut ist“. Das passt, denn in der Absurdität des Krieges spielt Dejan Dukovskis Stück „Leere Stadt“.
Isabel Hemmel, TA, 26.9.2011 PDF | 36 KBytes TODESANGST IN DER GEISTERSTADTAnne Suter, NZZ, 26. 9. 2011 Schweizer Erstaufführung von „Leere Stadt“ am Theater Winkelwiese Dejan Dukovskis Stück „Leere Stadt“ dreht sich um zwei Todgeweihte, die sich ein letztes Mal am Leben berauschen – oder es zumindest versuchen. „Der Mond fickt mir das Hirn“, sagt Gjero. „Fick den Mond“, antwortet Gjore. Der extremen Situation, in der sich das Brüderpaar befindet, lässt sich wohl nur mit drastischen Worten beikommen. Die zwei Männer haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen und treffen nun mitten im Krieg aufeinander. Dass sie auf verschiedenen Seiten kämpfen, spielt insofern keine Rolle mehr, als sie beide desertiert sind. Eingekesselt zwischen den feindlichen Armeen, warten die Brüder auf den Morgen, der ihnen mit Sicherheit den Tod bringen wird. Alles, was ihnen jetzt noch bleibt, ist eine einzige Nacht in einer geisterhaft leeren Stadt.
Anne Suter, NZZ, 26.9.2011 PDF | 38 KBytes ICH FICK DEN SCHEISSKRIEGKarl Wüst, SDA, 25.9.2011 «Leere Stadt» des mazedonischen Autors Dejan Dukovski (1969) hat die Spielzeit des Theaters an der Winkelwiese in Zürich eröffnet. Das Drama erzählt von zwei Brüdern, die im Krieg zueinander finden. «Leere Stadt» ist ein Kriegsstück, so jedenfalls scheint es zu Beginn. Gjero (Christoph Rath), Soldat, graue Uniform, Militärstiefel, zieht an einem Strick einen Gefangenen auf die mit zerfetzten schwarzen Brettern eingekleidete leere Bühne. Der Gefangene Gjore (Roland Bonjour) ist Gjeros Bruder - und sein Feind. Denn die Brüder, sie haben sich lange nicht gesehen, kämpfen auf entgegengesetzter Seite und sind zufällig zusammen zwischen die Fronten geraten. Doch dem Autor geht es nicht um die Darstellung des Krieges, sondern um die Verständigung in einer verzweifelten Situation, um die Verdrängung des Schreckens in Zeiten des Krieges. Regisseur Stephan Roppel unterstreicht dieses Ziel mit atemlosen, gehetzten Dialogen. Dazwischen setzt er lange Pausen, während denen die Brüder suchend ins Leere blicken. Saufen auf die letzte Nacht Leer ist dieser Ort, wo die beiden zusammentreffen, ausgeräumt: Das Leben geht zu Ende. Das wissen Gjore und Gjero. Noch einmal aber wollen sie - wenn auch nur in der Fantasie - die Leere füllen, ihre Sehnsucht nach prickelndem Leben stillen und auf die Pauke hauen. «Auf diese Nacht, auf die letzte Nacht», rufen sie und trinken gierig aus Champagnerflaschen. Sie haben Station gemacht in einem Kleidergeschäft und stecken nun in schwarzen Anzügen, eleganten Schuhen, Gjero hat sogar einen Hut auf dem Kopf. Zu verlieren haben sie nichts mehr, die Fantasie treibt tolle Blüten, schwemmt die Brüder auch in ein Theater, in ein Bordell, zu einem Kiosk, sie knacken einen Safe in einer Bank, spielen Roulett im Casino, beten in der Kirche. Und immer spielt die Lüge mit. Sie dreht sich um die gemeinsame Liebe Maria oder um die Mutter, von der man bis zum Schluss nicht weiss, ob sie nun tot ist oder nicht. Christoph Rath und Roland Bonjour spielen die beiden Brüder hervorragend. Mit Hilfe der Ausstatterin Marcella Incardona (Kostüme, Perücken, Schminke) geben sie dem Drama auch einen komödiantischen Drive. Spürbare Bruderliebe Eine Umarmung gibt es erst ganz am Schluss, bevor Gjero und Gjore gemeinsam ins Wasser gehen. Bis sie sich dazu aufraffen, geizen sie nicht mit gegenseitigen Anschuldigungen, Verletzungen, Beschimpfungen. Und trotzdem ist ihre Zuneigung, ihre Bruderliebe permanent spürbar. Sie ziehen sich an, auch wenn sie räumlich getrennt sind. Und als sie sich prügeln und sich am Boden ineinander verkeilen, dann tun sie das eigentlich nur, um sich ganz nahe zu sein. Im Schmerz vereint prügeln sie nicht sich, sondern die Hoffnungslosigkeit. «Ich fick den Scheisskrieg», schreit Gjore, «ich fick ihn», echot Gjero, als vor Sonnenaufgang die ersten Explosionen zu hören sind. |
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