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PETER DER ZWEITE

PETER DER ZWEITE - art-tv.ch

Warum kommen immer die an die Macht, die als Kindern keiner mochte? «Fax an Max» zeigt es auf beeindruckend einfache Weise mit dem Drama von Gaël Roth.

Mit dem unten stehenden Link gelangen Sie zu dem Beitrag von art-tv über die Produktion «Peter der Zweite».

Peter der Zweite auf art-tv

PETER DER ZWEITE - TAGESANZEIGER

EINE BURLESKE OHNE FIRLEFANZ UND FALSCHEN FEINSINN

Zürich, Winkelwiese-Theater. - Da steht er, Peter, und kann nicht anders: Er will nun mal Präsident sein. Er, der aussieht wie ein Verlierer, er, an den sich nie jemand erinnert, will der Zeit seinen Stempel aufdrücken. Und verrückterweise schafft er es auch, durch Lug und Trug und Gewalt.

Das zweite Stück des 30-jährigen Berners Gaël Roth ist eine harte Burleske ohne Feinsinn und Firlefanz, die vom Aufsteig und Fall eines kleinen Mannes erzählt - und von der Gier in uns allen. Das Böse wird nicht kaschiert, sondern karikiert; und der Regisseur Manuel Bürgin des Kollektivs Fax an Max stellt die Karrikaturen aus wie Bilder einer Ausstellung. Dazu braucht es bloss zwei Bänke, zwei Bilderrahmen, museumsweisse Wände - und ein fünfköpfiges Ensemble, das schmieren kann, ohne abzuschmieren. «Peter der Zweite», nun an der Winkelwiese uraufgeführt, bietet ein Stück Überraschung auf der braven Kellerbühne: heftige, holzschnittartige Gestalten, heftiges, hammerhartes Theater ohne Prätentionen. Silke Geertz mimt die machtlüsterne Geliebte Peters zwischen Poolfantasien und beleidigter Leberwurst.

Samuel Streiffs Architekt möchte so gern den Albert Speer geben, dass er seinen Anstand und seine Würde vergibt. Und Cathrin Störmer als Peters naive Frau hofft wider alle Vernunft auf den liebenden Ehemann in dem kleinkindlich grössenwahnsinnigen Monster an ihrer Seite, das Silvester von Hösslin grandios hinwindet. Erst Nikolaus Schmid als unfreiwilliger Rivale des Bananenrepublik-Diktators bricht das Regime des Berserkers auf. Am Schluss kichert Freud. Und wir rufen Bravo!

von Alexandra Kedves, Tagesanzeiger, 05. März 2010

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PETER DER ZWEITE - NZZ

GROTESKE DER MACHT.
Uraufführung von «Peter der Zweite» im Theater Winkelwiese

Gib jemandem das Zepter in die Hand, und die Welt tanzt nach seiner Pfeife. Wir kennen das verhängnisvolle Spiel mit der Macht und den Massen, wir wissen, wie es enden kann. Ist es möglich, Neues zu erzählen über Grössenwahn? Eine Gesellschaftsparabel mit dem Titel «Peter der Zweite», wie sie der 30-jährige Gaël Roth im Autorenförderprojekt «Dramenprozessor 2008» verfasst hat, könnte in ihrer Abstraktheit langweilig sein: Ein Bürger mit Minderwertigkeitskomplex will Präsident werden. An der Uraufführung hat sich jüngst jedoch gezeigt, dass diese Thematik nicht abgedroschen sein muss. In Roths sprachlich fein abgestimmter Groteske überwiegt der schwarze Humor, das ist ihre Stärke. Ein markantes Gesicht verleiht dem Fünfpersonenstück die Theaterformation Fax an Max, sie hat die Inszenierung mit dem Theater Winkelwiese koproduziert.

Am Anfang wird unter der Regie von Manuel Bürgin unser Hang zum Psychologisieren persifliert: Begonnen hatte alles im Kindergarten. Peter (Silvester von Hösslin) durfte im Krippenspiel nur ein Schaf darstellen, dabei hätte er gerne Josef verkörpert. Die Demütigung sitzt tief. Nun will er Präsident werden, damit er erneut ein Krippenspiel aufführen kann, in dem er endlich die Hauptrolle spielt.

Doch bis der amtierende Präsident gestorben ist, braucht es Geduld. Peter heiratet aus Taktik die Präsidententochter Aline (Cathrin Stömer). Daneben unterhält er ein Verhältnis zur schönen Natascha (Silke Geertz) und baut Luftschlösser: Jorgos (Samuel Streiff) betraut er mit der Aufgabe, einen Palast mit integriertem Theater zu bauen. Reizvoll ist diese Reflexion über das Theater im Theater, skurril sind die Dialoge. Aufgelöst wird die Groteske in einer poetisch-ironischen Himmelsszenerie – ein effektvoller Schluss. Bitte mehr von diesem schwarzen Humor!

von Katja Baigger, NZZ, 01. März 2010

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PETER DER ZWEITE - DRS2

DIE RACHE VON «PETER DEM ZWEITEN»

In Zürich im Theater Winkelwiese rächt sich momentan ein Loser mit dem bezeichnenden Namen «Peter der Zweite». Ein Peter, der es höchstens zu einer Zwei am Rücken schaffte, der zum Beispiel schon als Kind nie den Josef, nur immer das Schaf im Krippenspiel sein durfte.

Diese Ausgangslage nimmt sich der Nachwuchs-Dramatiker Gaël Roth für sein neues Stück «Peter der Zweite» vor. Erzählt wird Aufstieg und Fall eines Egozentrikers, der die Demütigungen seiner Kindheit abrechnen will.

Den Beitrag von Kaa Linder / Radio DRS können Sie unter dem folgenden Link nachhören:
Beitrag auf Radio DRS2

PETER DER ZWEITE - P.S.

TRÖTZLE
In Gael Roths Politposse «Peter der Zweite» stecken die Schauspielerinnen in Kinderkleidern und auch die Machtlust tönt trötzlig: Mit dem Ausruf «aber ich will doch nur Präsident werden» rechtfertigt Peter seine hinterlistigen Machenschaften. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen haben sie sich selber zuzuschreiben.

Ausgerechnet im Schlussspurt der Lokalwahlen gibt es in der Winkelwiese haufenweise über politische Ambitionen zu lachen. Peter Silvester von Hösslin hat Allmachtsphantasien, die darauf zurückgehen dass er im Krippenspiel als Kleinkind nur ein Schaf spielen durfte. Er hat einen Plan wie er es allen zeigen kann. Dazu braucht er nur Aline (Cathrin Störmer), die Tochter des Präsidenten zu heiraten und die Funktion vom Schwiegervater zu erben, für die Libido hält er sich Nataschas (Silke Geertz) Zuneigung warm, und um nicht der Peinlichkeit Preis gegeben zu werden, besticht er seinen ehemaligen Mitschüler Jorgos (Samuel Streiff) mit dem Bauvorhaben eines Palastes. Nur Wolfgang (Nikolaus Schmid), der damals den Josef spielen durfte, der muss in dieser, dem Dramenprozessor entwachsenen Politposse ganz weit untendurch. So weit der Racheplan. Die zweite Produktion der Gruppe «Fax an Max» um den Regisseur Manuel Bürgin dreht sich
nach «Kim Jong II» wieder um eine politische Person, hat jedoch weder formal noch in der inhaltlichen Herangehensweise Parallelen, zeigt
aber, dass das Trio mit dem Musiker Sandro Corbat und Kathrine von Hellermann (Bühne/Kostüme) ein gut ausgebildetes Fingerspitzengefühl für die Verschiedenheit in Tonalität und der von der Anlage geforderten Bühnenadaption entwickeln kann. Natürlich haben Mordkomplotte, Erpressungen und Sexualintrigen überhaupt nichts mit den real existierenden Lokalwahlen am Hut, der momentan grassierenden Ernsthaftigkeit stellt das Stück aber eine überhöht groteske Möglichkeit entgegen, über politische Ambitionen wieder mal kurz einfach nur zu lachen.

Thierry Frochaux, P.S., 04. März 2010

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PETER DER ZWEITE - ZÜRCHER LANDZEITUNG

EINMAL SCHAF, IMMER SCHAF
Am Theater an der Winkelwiese hatte «Peter der Zweite» des Jungautors Gaël Roth Premiere. Tempo und Witz zeichnen diese Produktion aus.

Wie wenig es für einen spannenden Theaterabend braucht, hat das Theater an der Winkelwiese exemplarisch gezeigt mit einem Stück des 1979 geborenen Gaël Roth. Entstanden ist es 2007/2008 im Rahmen des Dramenprozessors, eines Förderprogramms, in dem junge Autoren unter Anleitung erfahrener Theaterhasen das Schreiben für die Bühne trainieren und testen können.
Der Anfang von Roths Stück liegt weit zurück, in der Kindheit. Natürlich nicht auf der Bühne, sondern nur in der Erinnerung. Peter (Silvester von Hösslin), damals im Kindergarten, durfte im Krippenspiel nicht den Josef spielen, sondern nur ein Schaf. Den Josef spielte Wolfgang (Nikolaus Schmid), heute ein tüchtiger Schumacher. Diese Kränkung hat Peter noch immer nicht überwunden. Aber jetzt ist die Zeit reif, jene Ungerechtigkeit geradezubiegen. Peter ist nämlich mit Aline (Cathrin Störmer), der Tochter des amtierenden Präsidenten, liiert. Auch wenn der Sex mit der Geliebten Natascha (Silke Geertz) häufiger ist. Und besser!

Auf der Karriereleiter
Jedenfalls eröffnet die Heirat mit Aline vielversprechende Perspektiven, zumal der Präsident am Sterben ist und der künftige Schwiegersohn das Amt übernehmen soll. So wird denn schon einmal dem befreundeten Architekten (Samuel Streiff) der Auftrag für den Bau einer präsidialen Luxusresidenz erteilt. Deren Herzstück soll eine präsidiale Bühne sein, wo alljährlich ein präsidiales Krippenspiel stattfinden wird. Mit anderer Besetzung als damals im «Chindsgi», versteht sich.
Wie sich die aberwitzige Fünfeck-Konstellation entwickelt, sei hier nicht verraten. Nur soviel: Man wird Zeuge, wie und mit welchen Mitteln und Ränken sich Peters Aufstieg - und auch sein Fall - vollzieht. Und alle mischen zum eigenen Vorteil tüchtig mit. Manuel Bürgin inszeniert die amüsante Polit-Groteske, die weit über das Politische ins Allzu-Menschliche greift, mit Tempo und Komik auf einem leeren Spielfeld aus weissen Stoffbahnen, bestückt mit zwei Langbänken. Und einem lächerlichen Bockleiterchen - zum Aufsteigen. Bürgin verzichtet auf plumpe Psychologisierung. Er setzt dafür ganz auf den gepfefferten Dialog und den Sog der rasanten, schnörkellosen Sprache.
Und die Schauspieler, Mitglieder des Kollektivs «Fax an Max», zeichnen die Figuren mit Spielwitz und Intensität. Aber sie überzeichnen sie nie. Stellvertretend für alle sei von Hösslin erwähnt: Wie er den Aufsteiger mit eng gezurrter scheusslicher Krawatte, rotem Kopf und Schweissperlen mimt, ist umwerfend: Aalglätte, Grössenwahn, Wahrnehmungsstörungen und Borniertheit in Person. Kennt man das nicht aus dem wahren Leben?

Bruno Rauch, Zürcher Landzeitung, 02. März 2010

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PETER DER ZWEITE - THEATERZEITUNG

Das zweite Stück des 30-jährigen Gaël Roth entstand im Dramenprozessor 2007/2008 und wurde im Rahmen der Abschluss-Präsentation erstmals im Juni 2008 als szenische Lesung präsentiert.

VON KURT BÜCHLER

Wir wollten von Gaël Roth ein bisschen mehr wissen.

TheaterZeitung: Gaël, wer bist du?
Gaël Roth: (überlegt...). Ich würde mich momentan als Beobachter und Denker beschreiben. Immer auf der Suche nach Antworten auf grundsätzliche Fragen. Neugierig auf die Fragen und Antworten anderer Menschen, in der Hoffnung, dass mich die Auseinandersetzung weiterbringt. Aber eigentlich is dies eine Frage, auf die es über den Moment hinaus keine Antwort gibt.

Du bist in Lesotho, einem kleinen Land in Südafrika, geboren und hast einen aussergewöhnlichen Namen, Gaël. Woher kommt der?
Gaël ist bretonisch, aus der Bretagne kommt auch meine Mutter. Ich bin dadurch zweisprachig - französisch und deutsch - aufgewachsen. In Lesotho bin ich ge-boren, weil meine Eltern in der Entwicklungs-Zusammenarbeit tätig waren. Später haben wir noch ein Jahr in Ruanda gelebt.

Als Deutschweizer studierst du in Lausanne. Warum?
Ich wollte Filmwissenschaft im Hauptfach studieren, und das kann ich in der Schweiz nur in Lausanne. Mittlerweile studiere ich zwar Philosophie im Hauptfach, aber immer noch in Lausanne, da ich nach dem Grundstudium nicht mehr die Universität wechseln wollte.

Wie kommst du zu den Ideen für deine Theaterstücke?
Ich beobachte das Geschehen in der Welt, speichere Erlebnisse ab. Irgendwann kristallisieren sich dann die Beobachtungen und Erlebnisse zu konkreten Ideen oder Dialogfetzen, die als Ausgangslage für ein Stück dienen. Meist geschieht dies in diesem seltsamen Dämmerzustand kurz vor dem Einschlafen.

Und wie entstehen dann die Texte?
Aus den verschiedenen Versatzstücken baue ich ein Gerüst und fülle danach die Lücken auf. Das Vorgehen ist aber eigentlich nie linear. Dabei geht es mir in erster Linie um ein Verständnis der Figuren und ihrer Geschichte. Für mich ist Schreiben wie Philosophie: es ist eine Auseinandersetzung mit der Welt und der Versuch ihr einen Sinn abzuringen, wobei sich die beiden einfach in ihrer Vorgehensweise unterscheiden. Die Fragen bleiben dabei immer dieselben, nur abschliessende Antworten gibt es keine (lacht...).

Zurück zum Schreiben, das interessiert mich.
Ich schreibe parallel zu meinem Studium, wobei sich die zwei Sachen gegenseitig befruchten. Das Schreiben gewinnt aber immer mehr an Gewicht. Ins Schreiben eingestiegen bin ich mit der Schreibwerkstatt «Schreiben für die Bühne» der astej _ Theater für junges Publikum – wo mein Stück «Die Besetzung des Hinterlandes» entstanden ist.

In einer Schreibwerkstatt werden die Texte diskutiert. Wie ist das für dich?
Das ist unglaublich bereichernd und verhindert vor allem, dass man sich im Kreis dreht.

Du warst 2007/2008 Teilnehmer im renommierten Dramenprozessor. Da hast du das neue Stück erarbeitet, das nun zur Aufführung kommt. Wo-rum geht es im Stück «Peter der Zweite»?
In «Peter der Zweite» geht es um Macht und insbesondere um die Frage, weshalb jemand nach Macht strebt. Zu Beginn sollte es ein klassisches Drama werden. Bei meiner Recherche zum Thema jedoch fiel mir auf, dass nach Macht strebende Menschen oftmals tragische und in sich gefangene Figuren sind, die eigentlich nur nach Liebe und Anerkennung für ihr Dasein lechzen und diese Liebe und Anerkennung mit allen Mitteln zu erzwingen versuchen, was zum Teil sehr absurdes Verhalten zutage fördert, so dass ich mich dazu entschied diesen Aspekt ins Groteske zu übersteigern und aus dem Drama eine schwarze Komödie wurde.

Und... hast du schon Pläne für ein nächstes Stück?
Ja, zurzeit denke ich über ein Stück nach, in dem es um Verrat und Vertrauensbruch geht. Ich stelle mir dabei eine archaische Gemeinschaft vor, die sich auf einmal mit dem egoistischen Verhalten eines einzelnen Mitglieds konfrontiert sieht, das möglicherweise das Überleben der Ge-meinschaft gefährdet. Letztlich geht es aber um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Gruppe und Individuum. Mal sehen...

Gaël, wir sind gespannt, auf «Peter der Zweite» und auf das, was wir in Zukunft noch von dir hören werden.

Das Stück
Peter will Präsident werden. Und das um jeden Preis. Also muss er Aline heiraten und nicht seine attraktive Liebhaberin Natascha. Denn Alines Vater ist jetzt noch Präsident. Doch der Weg zur Macht erweist sich als umständlicher, als er das gerne hätte. Peter kämpft gegen eine traumatische Kindheitserfahrung. Wolfgang, sein Kamerad aus dem Kindergarten, durfte beim Krippenspiel den Joseph spielen, während er selber nur ein Schaf war. Für diese Demütigung will er sich rächen - wenn er erst einmal Präsident ist. Als Alines Vater endlich stirbt, sieht er seine Chance gekommen.
Mit pointierten Dialogen, rasantem Tempo und kurzen und grotesken Szenen erzählt Gaël Roth Aufstieg und Fall eines machtbesessenen Egozentrikers, der sich ein absurdes Phantasiereich schafft, in dem er selbst die Regeln bestimmt.

Theater Winkelwiese
3. bis 13.März

PETER DER ZWEITE - ENSUITE

MACHTTHEATER: PETER DER ZWEITE.
INTERVIEW VON LUKAS VOGELSANG - EINE PRODUKTION VON MANUEL BÜRGIN UND FAX AN MAX

Im Rahmen des Dramenprozessors 2007/2008 entstand diese Groteske von Gaël Roth. Peter will um jeden Preis Präsident werden. Grössenwahnsinn und Wahnsinn geben sich die Hand. Nichts hält ihn auf ein absurdes Phantasiereich entstehen zu lassen, ein Illusionstempel - und das alles ausgelöst durch ein Kindheitstrauma, ausgelöst durch einen harmlosen Widersacher. Durch Heirat und Tod erreicht Peter überraschend schnell das Ziel der Präsidentschaft und sein Rachefeldzug beginnt. Doch er verheddert sich. Die Vergangenheit lässt sich nicht umschreiben, das bleibt zum Schluss gewiss.

Die Truppe Fax an Max wurde 2008 von Manuel Bürgin, Kathrine von Hellermann und Sandro Corbat gegründet. Die drei vereinen ganz unterschiedliche Theaterberufe und bringen Erfahrungen aus der freien Szene, Stadttheater und Performancebereich, Bühnenbild und Musik mit. Zusammen suchen sie eine gemeinsame Sprache. Mit «Kim Jong Il - Der ewige Sohn» startete die Gruppe ein erfolgreiches Debüt. Vor der Premiere, die am 27. Februar stattfand, sprach ensuite kurz mit dem Regisseur Manuel Bürgin:

Was fasziniert dich persönlich an der Figur von Peter? «Kim Jong Il» und «Peter der zweite» haben ja in ihrer Persönlichkeit eine gewisse Ähnlichkeit. Spiegelt sich da von dir etwas darin oder warum habt ihr diesen Stoff gewählt?
Also das ist eher Zufall. Aber ich war eigentlich glücklich, dass uns dieses Stück angeboten wurde, weil es eben ähnlich ist zum «Kim Jong Il». Ich hatte schon immer Interesse an Stücken über Machtmenschen, zum Teil über absurde Machtmenschen, die wie Witzfiguren wirken auf den ersten Blick. Und die Diskrepanz zwischen diesen Witzfiguren und diesen mächtigen Ausgangssituationen, die hat mich interessiert und ich empfinde diese auch immer als sehr theatral. Das ist zwar bei «Peter der zweite» etwas verschieden, weil es ja nicht in Zeit und geographisch verortet ist. Aber es tauchen gewisse Parallelen zu gewissen Machthabern in der Schweiz auf, auch zu Politikern, wie zum Beispiel zu Herrn Blocher oder Herrn Mörgeli. Es ist eben toll, dass das offen ist und es überall spielen könnte.

Was hat es mit dir zu tun?
Ausser, dass es mich interessiert, nichts. Diese Art von Macht interessiert mich nur auf dem Papier oder als Theaterstück.

Wie reagierst du selber auf solche Mächte?
Bei «Kim Jong Il» war es Faszination über die Funktion dieses Regimes, aber auch Ekel und Unverständnis, dass so etwas heute noch funktionieren kann. Und bei der «Figur von »Peter" ist es ähnlich. Man kann sich dieser Faszination, welche die Figur ausstrahlt, kaum entziehen - auch weil sie so naiv ist -, und dieses Naive interessiert mich im Theater. Auf der anderen Seite fragt man sich, wie diese macht überdauern kann.

Wo denkst du, hast du mit diesem Stück einen Höhepunkt erreicht und was ist deine persönliche Erkenntnis aus dieser Arbeit?
Bei «Peter» spielt ja alles aus einer Kindheitsgeschichte raus: Er ist als Kind zu kurz gekommen, weil er beim Krippenspiel nur das Schaf spielen durfte und nicht Joseph. Und er probiert danach seine Biographie zu korrigieren, indem er an die macht will, Präsident werden will, um dieses Krippenspiel nochmals zu inszenieren und seinem damaligen Kontrahenten eins auszuwischen. Und ich glaube, diese Verarbeitung dieses Traumas in Form von Machtergreifung und Ausübung, ich glaube da sind wir auf einen guten Weg gekommen. Und das ist ja auch das Hauptziel vom Stück.. Ich kann jetzt gar nicht einen speziellen Höhepunkt beschreiben. Es st ein Stück, welches nur über den Text, über Schnelligkeit und wahnwitzige Phantasien funktioniert. Ich hoffe, dass sich das nach aussen transportiert. Was nicht ganz einfach ist - wir haben zu Beginn darum gekämpft.
Und da sind wir schon beim zweiten teil der Frage. Wir haben am Anfang probiert - und ich glaube, das ist ein Fehler, den man oft macht bei Komödien -, den schnellen Witz zu suchen, der eigentlich schon im Text steht. So haben wir oft die witzigsten Pointen vorbereitet und schon gespielt, bevor diese in der Szene effektiv vorkamen. Es bedingt eine gewisse Offenheit und eine absolut direkte, naive Spielweise, die man erst finden muss, damit einem das Lustige gelingt. Erst dann wird das Stück wirklich lustig. Sobald die Schauspieler beginnen, irgendwelche Wertungen in den Text zu spielen, die so nicht sind, wird die Inszenierung platt und träge. Darum haben wir in den ersten zwei Wochen gekämpft, muss ich sagen. Es ist immer noch harte Arbeit. Probearbeiten an einer guten Komödie sind selten witzig. Am Anfang war`s für uns ja noch lustig und wir haben viel gelacht. Doch jetzt ist es Knochenarbeit. Wir arbeiten an der Genauigkeit, Rhythmus und Ehrlichkeit der Figuren.

Wie weit seit ihr jetzt, vier Tage vor der Premiere?
Bühnentechnisch ist alles da, die Schauspieler sind fit. Jetzt geht`s noch darum, eben wie beschrieben, die eingefahrene Witzschiene wieder ein wenig aufzubrechen, damit die texte mit grosser Ehrlichkeit und Offenheit herauskommen. Da spüre ich bei vielen Schauspielern ein gewisses Neuland. Erst wirkt das sehr technisch und nimmt einem in der Arbeit den Spass. Nach 500 Mal lacht man auch nicht mehr über einen Witz. Aber wir warten auf das Publikum, welches sich hoffentlich auf diesen Text einlassen wird. Wir sind bereit dafür.

erschienen in der ensuite 03/2010

PETER DER ZWEITE - ZÜRITIPP

FÜR IMMER EIN SCHAF

Wenn einer schon im Kindergarten nie Chef, sondern nur ein Schaf sein durfte, kann das weitreichende Folgen haben. Das zeigt Gaël Roth in «Peter der Zweite».

Wir erinnern uns: Krippenspiel im Kindergarten. Man selbst müht sich eher im Hintergrund der Szenerie ab, als halber Ochse oder dritter Engel von links. Als Maria respektive Joseph dürfen die anderen glänzen. Im vorliegenden Falle war es Wolfgang, der den Josef mimen durfte, während Kamerad Peter nur als Schaf taugte. Für den Protagonisten aus Gaël Roths Theaterstück blieb diese frühkindliche Schmach nicht ohne Konsequenzen. Peters Affäre Natascha versucht, es positiv zu formulieren: «Peter sieht zwar aus wie ein Verlierer, ist es aber nicht.» Um das der ganzen Welt zu beweisen, will Peter jetzt um jeden Preis Präsident werden.

«Peter der Zweite», entstanden im Rahmen des Autorenförderprogramms Dramenprozessor, ist ein groteskes Stück, an dessen Schluss die bittere Erkenntnis steht, dass sich die Zeit nicht zurückdrehen lässt. Das Tempo, die unverblümte Sprache, die Unverschämtheit, mit der sich die Figuren die Wahrheiten um die Ohren hauen - das ist es, was Regisseur Manuel Bürgin am Stück mag. Mit seinem Kollektiv Fax an Max bringt er das Drama um Peters Aufstieg und Fall fantasievoll und ohne zu psychologisieren auf die Bühne: schnell, mal direkt ins, mal mit dem Rücken zum Publikum gesprochen, mal als Bäumchen-wechsel-dich-Spiel, mal ineinander verschränkt, inszeniert Bürgin die einzelnen Szenen in dieser Uraufführung. Gaël Roths rasanter Sprache kommt das sehr entgegen, und unterhaltsam ists auch. Am Ende findet sich Peter im Himmel wieder, umgeben von Kindern aus Karton. Erlösung können auch die keine bieten. Aber die schönste Wolke, die darf er sich aussuchen.

VON ISABEL HEMMEL. ZÜRITIPP, 25. FEBRUAR 2010

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