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PYRENÄEN
Spiel:Helene Hoem
Sibilla Semadeni
Ingo Ospelt
Samuel Streiff
Regie:Stephan Roppel
Bühne / Kostüme:Marcella Maichle
Dramaturgie:Fanti Baum
Licht:Michael Omlin
Technik:Stefan Marti
Michael Omlin
Regieassistenz:Nadine Jaberg
Aufführungsrechte:Rowohlt Theater Verlag Hamburg

«Fragen Sie sich, was war so unerträglich, dass Sie beschlossen haben, im Schnee die Pyrenäen zu überqueren, Pilger? Welche Haut wollten Sie abstreifen?»

Ein namenloser Mann mittleren Alters sitzt auf der Terrasse eines Berghotels in den Pyrenäen. Er kann sich an nichts mehr erinnern. Vor wenigen Tagen wurde er auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela bewusstlos aufgefunden: im Schnee liegend, neben sich lediglich einen Koffer voller Geld und eine Jakobsmuschel – keine Hinweis darauf, wer er ist. Anna, eine junge Angestellte des britischen Konsulats ist angereist, um den Mann zu befragen. Sie sucht nach Spuren seiner Identität. Bald zeigt sich, dass die junge, etwas fahrig wirkende Frau und der Mann ohne Gedächtnis Seelenverwandte sind. Eine Liebesgeschichte bahnt sich an. Ein neues und anderes Leben wird zur unerwarteten Möglichkeit. Dann kehrt Vivienne, der dritte Hotelgast, von einer langen Wanderung zurück und setzt sich zu den beiden auf die Terrasse. Was als intime Zweiergeschichte begonnen
hat, nimmt nun eine brisante Entwicklung. Denn Vivienne beharrt darauf, mit dem Mann seit 21 Jahren verheiratet zu sein. Sie konfrontiert ihn mit den Details einer gemeinsamen Lebensgeschichte und behauptet zu wissen, mit wem sie spricht: Keith. Doch was haben ihre Schilderungen mit der Wahrheit zu tun? Der Hotelinhaber ist mehr als ein stiller Zeuge dieses Geschehens und scheint mehr zu wissen, als er preisgibt.

An einem entlegenen Ort lässt David Greig vier Figuren Aufeinandertreffen. Sie sind der Welt und der Alltäglichkeit scheinbar enthoben. Ihre schicksalhafte Begegnung fördert ihre Wunden und unerfüllten Wünsche zutage und entwickelt sich zu einem Spiel um das Wesen ihrer Existenz. Damit knüpft David Greig sowohl thematisch als auch stilistisch an einige seiner bisherigen Stücke an. Schon in «Die letzte Botschaft des Kosmonauten an die Frau, die er einst in der ehemaligen Sowjetunion liebte» aus dem Jahr 1999 waren Keith und Vivienne das zentrale Paar. Im Verlauf der Handlung haben sich die beiden aus den Augen verloren. In «Pyrenäen» kommt es nun zur brisanten Wiederbegegnung.

David Greig wurde 1970 in Edinburgh geboren. Er studierte an der Bristol University Englisch und Drama. 1996/97 war er Hausautor der Royal Shakespeare Company. Seine Stücke, darunter «Die letzte Botschaft des Kosmonauten...», «San Diego» und «Entlegene Inseln» wurden mehrfach preisgekrönt. Greig ist ausserdem Autor der Performance- Gruppe Suspect Culture. Wegen der grossen Resonanz
bei Presse und Publikum nehmen wir «Pyrenäen» mit weiteren sechs Vorstellungen wieder in unser Programm auf.

In unglaublich dichter Sprache reflektiert das Stück des schottischen Dramatikers über das Phänomen unserer Identität. [...] Wenn das Ich eine derart zerbrechliche Hülle, eine so ungeheuerliche Illusion ist, wie David Greig in seinem Stück vorführt, verliert der Mensch mit seinem Ich zwar seine Identität – die ist letztlich aber nichts als Schall und Rauch. Durch den Verlust des Ichs kann der Mensch aber vielleicht
auch alles gewinnen, wie der gestrandete Pilger einmal feststellt: «Ich hatte das Gefühl grenzenloser – ich finde keine Worte dafür. Reinheit. Das Gefühl einer ganz ungeheuren Erleichterung. Jetzt. Neu.»

Sabine Schulthess, NZZ, 27. September 2008

Roppels Lesart dieser Lebensbefragung für ein ungleiches Quartett ist kompakt und zügig. Die Inszenierung vertraut dem Text und scheut sich nicht den Blick auf unerfüllte Lebenswünsche bewusst distanziert zu halten. Emotional ist das Ganze demnach frostig wie ein Märzmorgen in den Bergen. Doch zeigt es umso deutlicher, wo ein scheinbar erloschener Lebensnerv zu zucken beginnt. An dieser
merkwürdigen Grenze des Vergessens, wo Erinnerung stattfindet und damit all die Geschichten eines Lebens laut werden, die es noch zu erzählen gilt.

Kaa Linder, Radio DRS 2, 27. September 2008

Link zum Beitrag auf Art.tv:
http://www.art-tv.ch/....

Mit freundlicher Unterstützung von:
Hamasil Stiftung, Migros Kulturproduzent, Solution Providers AG

Spieldaten

Donnerstag, 25. September 2008 – 20:30 Uhr – Premiere

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