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DANIELA JANJICGESPRÄCH ZWISCHEN DANIELA JANJIC UND STEPHAN ROPPEL Stephan Roppel: Die Figuren in Deinem Stück sind ein junges Daniela Janjic: Als wir in der ersten Phase des Dramenprozessors für unsere werdenden Stücke noch Ideen gesammelt Stephan Roppel: Was bedeuten Schuld und Vergebung für Deine Figuren? Daniela Janjic: Ich denke, meine Figuren haben gleiche Vorstellungen von Schuld und von Vergebung wie die meisten Menschen. Nur dass sich bei meinen Figuren die Grenzen dieser beiden dadurch verwischen, dass sie sich plötzlich in einem Ausnahmezustand befinden. Ich glaube, dass es dort, wo wirklich Schuld ist, eine gänzliche Vergebung nie geben kann. Sowieso, um «vergeben» zu Stephan Roppel: Die Figuren verfügen in Deinem Stück über keine Sprache, die Ihnen helfen würde, ihre Probleme zu überwinden. Im Gegenteil habe ich den Eindruck, dass das Reden die Zerwürfnisse zwischen den Menschen vergrössert. Warum ist das so? Daniela Janjic: Zuerst einmal halte ich mich selbst und auch viele andere Menschen für unfähig, auszudrücken, was sie wirklich sagen wollen und noch viel unfähiger, einander wirklich zu verstehen. Irgendwie versteht man ja immer, was man verstehen will. Wenn wir nicht fähig sind, uns klar auszudrücken, sind wir nicht fähig, klar zu denken. Der Rest ist Hilflosigkeit, die im schlimmsten Fall in Gewalt ausartet. Aber wer bin ich, um etwas über die Sprache zu predigen? Stephan Roppel: Manchmal ist es ein einziger Satz, der mich von einem Stück überzeugt. Der Bruder sagt an einer Stelle: «Scheiss drauf. Irgendwie hatten die immer Gärten. Zweithäuser und Gärten.» Einerseits interessiert mich das, weil der Satz auf ein Wohlstandsgefälle verweist. Denn ich denke manchmal, dass auch die Schweiz ohne Wohlstand als politische Gemeinschaft nicht mehr existieren würde. Aber der Text berührt mich vor allem, weil da der Mensch in seiner Verletzlichkeit sichtbar wird. Ich suche, glaube ich, intuitiv immer Stücke, in denen es um diese Verletzlichkeit geht. Wie ist das in «Gelbe Tage»? Gibt es da Abstufungen zwischen den Figuren in Bezug auf deren Widerstandskraft? Was sind die Überlebensstrategien Deiner Figuren? Daniela Janjic: Ich glaube nicht, dass es Abstufungen gibt. Jeder von ihnen ist am Ende auf seine Weise an der Situation gescheitert und kaputt gegangen. Am deutlichsten wird das bei der Frau. Das Paar ist insofern schwerer betroffen, dass ihr Glaube an ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Gruppen zerstört wurde. Für sie zu zweit gibt es keinen Platz mehr in der neuen Ordnung, die keine ist. Auch wenn nun jeder auf seiner Seite ist, ist der Hass, der im Krieg entstand, noch grösser. Nichts wurde gelöst, wie das durch Krieg Stephan Roppel: Der Bruder verschärft durch seine Argumente Daniela Janjic: Ich weiss nicht, ob alle seine Ansichten auf Als ich im damaligen Jugoslawien in die erste Klasse kam, fragte mich ein Mädchen, was ich sei. Ich hatte überhaupt nicht verstanden, was sie damit meinte. Meine Eltern haben nie Wert auf Nationalitäten gelegt und ich war total naiv, mir war überhaupt nicht klar, dass ich ein Kind aus einer ethnisch gemischten Ehe war. Vermutlich, weil ich es war. Bei dem Mädchen war das ganz anders. Sie sah mich bereits in ihrem Alter als eine von den «anderen» – was das auch immer zu bedeuten hat. Ich glaube zwar, sie verstand das selbst nicht wirklich, aber daraus wurde klar, dass es für ihre Eltern sehr wohl eine wichtige Rolle spielte, welcher Nationalität sie waren. Das klingt vielleicht extrem, aber der Nationalstolz schafft es erstaunlicherweise immer wieder, sich durchzusetzen, durch Angstmacherei, Komplexe, keine Ahnung warum. Das ist eine der Fragen, die für mich immer offen bleiben werden. Stephan Roppel: Welche Vorstellungen von Glück haben Daniela Janjic: Sie wollen einfach ein ganz normales Leben. Sie finden ihre Arbeit mehr oder weniger in Ordnung. Sie wollen in die Ferien, ihrem Kind das Wichtigste bieten können. Wobei der Bruder vielleicht schon jemand ist, der das Bedürfnis hat, die Welt zu verändern, zu verbessern. Ob er dabei den richtigen Weg verfolgt, ist natürlich fraglich, aber er hat idealistische Vorstellungen und doch weiss er nicht so wirklich, was er will. Der Bruder muss ja auch etwas Widersprüchliches, Provokantes haben. Man muss seine Hintergründe, die im Grunde vielleicht gar nicht böse sind, auch nicht alle verstehen. Ich mag den Bruder, gerade weil er widersprüchlich ist. Weil er altklug ist und eigentlich selbst nicht sicher ist, ob er an das, was er sagt, glauben soll. Er mischt sich in die Beziehung ein, wie der Krieg, auch ungefragt, einfach über einen kommt. Man weiss nicht wirklich warum. Man versteht nicht, wie es dazu kommen kann. Ich glaube, um sich in einer Kriegssituation Einmal war in meinem früheren Gymnasium ein Autor zu Besuch, der vor allen Schülern eine ziemlich klare Äusserung gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe machte. Das fand ich ziemlich anmassend, besonders, da er nichts Neues behauptete. Seine Aussagen beruhten auf den allgemeinen Überzeugungen der westlichen Welt, wenn es um «Problemgebiete» wie das ehemalige Jugoslawien geht. Stephan Roppel: Ich möchte noch auf eine andere Textstelle Daniela Janjic: Ja, das ist so. Und auch über die Unbegreiflichkeit, wie es zu so etwas wie Krieg kommen kann und wie [/i]Das Gespräch fand im Januar 2008 statt und erschien zum Spielzeitthema «Fremdenzimmer» im Winkel Nr. 11. Anlass war die Uraufführung von Daniela Janjics Stück «Gelbe Tage» im Theater Winkelwiese. «Gelbe Tage» ist im Dramenprozessor entstanden.[/i] |
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