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IVNA ŽICGESPRÄCH ZWISCHEN IVNA ŽIC UND STEPHAN ROPPEL Ivna Žic ist Autorin und Co-Regisseurin der Produktion «Ohne Antoinette», welche im November 2014 am Theater Winkelwiese uraufgeführt wird. Stephan Roppel: Was bedeutet für Deine Figuren das Erinnern? Ivna Žic: Das Erinnern ist für sie ein Fluch, ein Zeitloch und doch die einzige Gegenwart. Der Zustand, in dem die zwei Figuren stecken, ist ein Dazwischen, in dem sie entscheiden müssen, in welche Richtung sie weitergehen und wie sie das Vergangene mitnehmen und schliesslich auch erinnern wollen. Es sind zwei Zustände, in denen das Handeln den Figuren schwer fällt und somit das Denken, das Erinnern, das Gedankenspiel überhand nimmt. Für das Theater interessiert es mich, wie das Erinnerte erzählt wird. Welche Sprache haben wir für das Vergangene? Wie erinnern wir für welche Gegenüber? In welche Sätze verpacken wir unser gelebtes Leben? Und wo finden wir keine Sprache? Die Schnittstelle zwischen Erinnern und Erzählen finde ich interessant, da dort die meisten Wunden stecken. Schliesslich vermag die Sprache keiner Erinnerung wirklich gerecht zu werden. Sie ist zu viel und zu wenig zugleich: Die Figuren sprechen andauernd, doch die Sprache reicht überhaupt nicht aus, um das Vergangene oder das Gegenwärtige irgendwie zu fassen oder gar zu bewältigen. Je mehr sie sprechen, umso mehr sind sie ihren Erinnerungen ausgeliefert – vielleicht ist das ein Kerngedanke. Stephan Roppel: Gibt es unterschiedliche Lebensperspektiven der beiden Figuren, die mit der mutmasslichen Restmenge ihrer verbleibenden Lebenszeit zu tun haben? Was ist ihre persönliche Vorwärtskraft? Ivna Žic: Es ist weniger die mutmasslich verbleibende Lebenszeit, welche den Umgang der Figuren mit Erinnerung und Leben prägt, es sind meines Erachtens zwei grundsätzlich unterschiedliche Charaktere, die sich in genau diesen Punkten: Entscheidungen treffen, Leben gestalten, mit Zufällen, Gewohnheiten, Lebenssehnsüchten und Trauer umgehen, unterscheiden – und doch manchmal auch bis zum Verwechseln ähneln. Was die Figuren vorwärts treibt, weiss ich nicht genau. Was sie zurückhält – und das scheint mir fast spannender – habe ich hingegen versucht, im Text festzuhalten. Ivna Žic: Bei diesem Stück habe ich das sehr bewusst und mit viel Lust getan, da ich wusste, dass wir das Stück in der Winkelwiese machen werden. Es hat mir Spass gemacht, das Stück ganz konkret für die Räume der Winkelwiese zu schreiben und bestimmte Atmosphären und Situationen zu schaffen, die ich mit den ausgewählten Räumen in der Winkelwiese verbinde. Das Vorhandene mit Geschichten aufzuladen. Ich bin sozusagen von der Raumidee zu den Texten gekommen. Stephan Roppel: Bei dieser Trainingslager-Produktion bist Du Co-Regisseurin von Antje Thoms. Der Text ist von Dir. Wie beeinflusst diese Zusammenarbeit das Schreiben bis hin zur fertigen Fassung? Ivna Žic: Es ist ein sehr lebendiger Prozess, der sich in alle Richtungen bedingt und beeinflusst. Der Text wäre ohne lange Interviews mit den zwei Schauspielern und gemeinsame Gespräche im Probenprozess so nicht entstanden, die Grundidee ohne die Gespräche mit Antje Thoms ebenfalls nicht. Durch diese Dialoge ist der Text ein Material, das durch und für alle Produktionsbeteiligten entstanden ist und von diesen auch im Probenprozess weiterhin – so hoffe ich – lebendig geformt werden kann. Ich sehe es weniger als «meinen Text» als einen Text «für» Dominique Müller und Ingo Ospelt, den ich für sie schreiben durfte. Die Co-Regie mit Antje Thoms ist dafür eine schöne Sache, da sie mit den Spielern ein eingespieltes Team ist und mich als kleinen Fremdkörper sogleich über alle Ecken, schreiben und inszenieren, mitten in diese Konstellation hineinplatzen und mit erfinden lässt. |
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