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COUNTRY MUSIC

Kein Leben mehr draussen
«Country Music» von Simon Stephens im Theater Winkelwiese
von Tobias Hoffmann
NZZ, 14.09.2009

Grosse Abwesende an diesem Theaterabend ist die Musik. Keine Note, um die Nacktheit, die Ohnmacht, die Sprachlosigkeit der Figuren zu übertönen. Es sei denn, man empfinde die Sprache der auseinandergerissenen Familie Carris in «Country Music» als eine kunstvolle Melodie, die sich nur den Anschein alltäglicher Gespräche gibt. Man sieht diesem Stück – wie allen anderen Stücken von Simon Stephens – das Kunstvolle in der Tat nicht an. Stephens versteht sich als Beobachter gesellschaftlicher Wirklichkeit. Er wolle «mit aller Wahrhaftigkeit das Chaos beschreiben, in dem wir leben», gab er der Wochenzeitung «Die Zeit» zu Protokoll. Und dennoch scheint er von der sozialpolitischen These auszugehen, dass die englische Gesellschaft selbst all die Gewalt und Verrohung hervorbringe, welche die Grundpfeiler der Demokratie zu korrodieren droht – indem sie ganze Bevölkerungsschichten von den ökonomischen und sozialen Systemen ausschliesst.

In «Country Music» skizziert Stephens die bitteren Konsequenzen eines jugendlichen Ausbruchsversuchs. Jamie Carris verletzt den Liebhaber seiner Mutter, später tötet er den Mann, der ihn als Knaben missbraucht hat. Zuerst landet er im Jugendgefängnis, dann für vierzehn Jahre im Zuchthaus. Er verliert seine Freundin, ringt um die Liebe seines Bruders und schliesslich um die Vergebung seiner Tochter, die er nach vielen Jahren wiedersieht. In drei grosse, emotional aufgeladene und zeitlich je zehn Jahre auseinanderliegende Begegnungen hat Stephens Jamies Schicksal gebannt, in der deutlichen Absicht, einen Täter zu «humanisieren», in seiner Einsamkeit und Bedürftigkeit zu zeigen. Die Verantwortung der Gesellschaft drängt er dem Zuschauer allerdings nicht auf, in Dramendialog umgesetzte politische Statements fehlen.

Stephan Roppel, der Leiter des Theaters Winkelwiese, hat das 2004 in London uraufgeführte Stück des mittlerweile hoch gehandelten Autors für die Schweizer Erstaufführung gewinnen können und es selbst inszeniert. Für die Verankerung in der britischen Realität lässt er alleine die Dialoge besorgt sein, Marcella Maichle (Bühne und Kostüme) hat für das Spiel der vier Akteure nichts anderes als ein Sandfeld ausgestreut. Dass die Existenzen dieser Menschen auf unsicherem Grund gebaut sind, würde sich auch ohne diese Bühnenbildmetapher in fast jeder Sekunde mitteilen. Roppels Inszenierung nämlich ist eine Partitur der Verstörungen. Anna-Katharina Müller als Jamies Freundin Lynsey und Elisabeth Rolli als Jamies Tochter Emma bedienen vor allem die leise Instrumentengruppe der scheuen, unsicheren, zögernden, ausweichenden Blicke; Manuel Bürgin als Jamies Bruder Matty und Henrik Zimmermann als Jamie selbst bewegen sich im Register der fast stets um Kontrolle und Coolness ringenden Stimmen, die doch hie und da ins Schrille oder auch ins Brachiale ausbrechen. Also doch Musik, wenn auch eine wenig tröstliche.

«Country Music» ist ein schmales Stück, die Rolle des Jamie jedoch denkbar anspruchsvoll. Henrik Zimmermann zeichnet den Wandel vom Teenager zum 39-Jährigen ohne die Hilfe von Maske und Kostüm, lediglich mit Änderungen der Kopf- und Körperhaltung. Gerade noch ruckt er den in schiefen Schultern hängenden Kopf des jungen Jamie hin und her wie benebelt von Alkohol und unterdrückter Wut, schon steht er im Gefängnis fast unheimlich gefasst – oder muss man sagen: gereift? – seinem ihn besuchenden Bruder gegenüber. In der dritten Begegnung schliesslich verjüngt er sich wieder, der Vater wird seiner 17-jährigen Tochter gegenüber zum liebesbedürftigen Kind, das doch weiss, dass es nichts verlangen darf. Dieser Mann hat vom Leben draussen nichts mehr zu erwarten. Nur im Gefängnis scheint er sich seiner Rolle sicher gewesen zu sein.

Diese Eigenproduktion des Theaters Winkelwiese steht, wie alle Produktionen bis Ende Jahr, unter dem Motto «Randzonen». Nach dem sozialkritischen Auftakt folgen parabelähnliche, psychologische und politische Sondierungen des Begriffs. Der ungewöhnlichste Beitrag kommt dabei vom Belarus Free Theatre, der einzigen unabhängigen Theatergruppe Weissrusslands. Sie reist im Dezember mit vier Produktionen an, darunter «Zone of Silence», in der sie sich mit verschiedenen Tabus in der weissrussischen Gesellschaft befasst.

NZZ / Tobias Hoffmann PDF | 326 KBytes

«Country Music in der Winkelwiese»
von Charlotte Staehelin
Tagesanzeiger, 14.09.2009

Zürich, Theater Winkelwiese. - «Geht schon» ist einer der Lieblingssätze von Linsey Seargant. Die 15-jährige kommt allein zurecht, weil sie gar keine andere Wahl hat. Sie schiebt die Hände in die Taschen ihres knalligen Blouson. Fehltritte darf sie sich auf ihrer Gratwanderung zwischen Erziehungsheim und Strafanstalt keine erlauben. Aber: «Geht schon.» Linsey kommt durch. Ganz im Gegensatz zu ihrem Freund Jamie. Der wandert von einer Gefängniszelle in die nächste. Und verbringt wegen Diebstahl, Körperverlezung, Raub und Mord Jahrzehnte hinter Gittern.

Er wolle mit seiner Arbeit die Kriminalität humanisieren, erklärte der in London lebende Schriftsteller Simon Stephens vor gut einem Jahr in einem Interview. Denn wenn man einen Täter enthumanisiere, löse man das Problem nicht. In seinem Stück «Country Music», das 2004 am Royal Court Theatre in London uraufgeführt wurde und nun zum ersten Mal in der Schweiz zu sehen ist, schafft Stephens eine packende Nähe zu seinen kriminellen jungen Protagonisten. Im Fokus stehen nicht Delikte oder Tathergänge, auch die gesellschaftlichen Ursachen für die Straftaten, das zerrüttete soziale Umfeld oder die Arbeitslosigkeit bleiben skizzenhaft. Während der 75 Minuten interessiert vor allem die psychische Befindlichkeit der Figuren. Ihre Unfähigkeit, einen Zugang zu ihren Gefühlen zu finden und adäquat zu reagieren, ihre Sprachlosigkeit und in zunehmenden Masse auch ihre Vereinsamung.

Regisseur Stephan Roppel lässt die vier zeitlich weit auseinander liegenden Szenen auf feinem gelben Sand spielen (Ausstattung: Marcella Maichle). Und er reduziert die Bewegungen und Gänge auf ein absolutes Minimum. Das ist mutig, denn die Reduktion hat den Effekt einer Lupe: Kleinste Regungen und Nuancen werden deutlich wahrnehmbar, was für die Spielenden sehr anspruchsvoll ist. Doch Manuel Bürgin, Anna-Katharina Müller (als Linsey), Elisabeth Rolli und Henrik Zimmermann (als Jamie) leisten allesamt Präzisionsarbeit und bringen so die inneren Kämpfe der Figuren, ihr Würgen und Ringen hervorragend zur Geltung.

Tages-Anzeiger / Charlotte Staehelin PDF | 126 KBytes

«Verloren»
von Thierry Frochaux
P.S., 17.09.2009

Gemeinsam an den vier Zweierszenen von Simon Stephens «Country Music» ist die Schwierigkeit der Figuren, wenn überhaupt, dann die richtigen Worte zu finden. Stephan Roppel inszeniert das Stück mit dem Hintergrund von Jugendgewalt als vier verkorkste Begegnungen, die Jamie seine verlorene Lage vor Augen führen.

Marcella Maichle leert Sand auf die Bühne. Wie auf Sand gebaut wirken auch die Beziehungen von Henrik Zimmermann als Jamie: In der Jugend zu seiner Freundin Lynsey (Anna-Katharina Müller), etwas älter im Knast gegenüber seinem kleinen Bruder Matty (Manuel Bürgin) und wieder draussen gegenüber seiner Tochter Emma (Elisabeth Rolli). Vier Mal muss es Jamie wie Schuppen von den Augen fallen, dass sein Einsatz zum Schutz der Mutter und des kleinen Bruders ihn zwar in eine Art Heldenstatus gehoben, aber eben gleichermassen aus deren realen Leben entrückt hat. Henrik Zimmermann, der zum ersten mal in der Winkelwiese spielt, harmonisiert offensichtlich gut mit dem Hausherrn. Sie schälen die leisen Veränderungen vom Halden der Jugend über den entfremdeten Gefängnisinsassen bis zum schuldbewusst Flehenden schön heraus. Die zunehmend drückende Last wird jedoch bei Stephan Roppel nicht zur lähmenden Schwere, sondern ist hier vielmehr Möglichkeit, die verschiedenen Facetten letztlich ein und derselben Medaille abzuspielen. Denn im Licht betrachtet, gingen Jamie die Beschützeraktionen leicht von der Hand, nur teilten die anderen schon damals seinen Blickwinkel nicht und die vier Begegnungen bringen diese Diskrepanz zum Vorschein. Der Ansatz, den Umständen und allen anderen die Schuld zuzuweisen, ist erkennbar, doch so einfach macht es sich der Autor nicht. Die Szenen sind meist wortreich, die unausgesprochenen Sätze zwischen den Atemzügen hingegen, die in dieser Inszenierung deutlich mitschwingen können, machen die Tragweite spürbar.

P.S. Country Music_Thierry Frochaux S.-COUNTRY-MUSIC.PDF | 289 KBytes

Simon Stephens «Country Music» / Theater Winkelwiese Zürich
Mitten aus dem Leben
von Lisa Letnansky
nahaufnahmen.ch, 14. 09.2009

Mit Simon Stephens «Country Music» hat sich Stephan Roppel ein höchst aktuelles Thema ausgewählt, um die neue Theatersaison an der Winkelwiese einzuläuten. Das Stück über jugendliche Gewalt und Ausweglosigkeit führt eine Problematik vor Augen, die nicht nur an den Rändern englischer Industriestädte, sondern überall auf der Welt vorhanden ist.

Es ist eine laue Sommernacht im Jahr 1983, Jamie und Lynsey sitzen in einem Wagen auf dem Parkplatz einer Autobahntankstelle. Lynsey ist fünfzehn, Jamie achtzehn und das Auto, in dem sie sitzen, hat er am Nachmittag erst geklaut. Die Teenager schwelgen in Zukunftsphantasien, sie wollen gemeinsam abhauen, irgendwo ein neues Leben anfangen, arbeiten, ein Haus am Strand bewohnen und endlich einmal die schöne Seite des Lebens geniessen. Während Jamie
von diesen Vorstellungen immer begeisterter wird, steigen in Lynsey langsam Zweifel auf. Was ist an diesem Nachmittag eigentlich genau passiert? Hat Jamie dem Verkäufer etwas angetan, als er die Reiseverpflegung – Chips und Tequila – aus dem Laden holte? Hat er ihn gar umgebracht? In die anfängliche Unbeschwertheit mischt sich mehr und mehr Zorn, Verzweiflung und Angst.

Unsichere Gesten und betretenes Schweigen
In vier eindringlichen und genau durchkomponierten Szenen zeichnet Simon Stephens vier Stationen im Leben von Jamie nach. Elf Jahre später sitzt er im Besuchsraum einer Haftanstalt und erhält Besuch von seinem jüngeren Halbbruder Matty, in einer weiteren Szene ist er aus der Haft entlassen worden und trifft sich mit seiner und Lynseys Tochter Emma, die er nicht mehr gesehen hat, seit sie noch ganz klein war. Das Leben ist nach dieser Nacht auf dem Parkplatz ohne Jamie weiter gegangen. Alle haben sich weiter entwickelt, sind erwachsen geworden, nur Jamie ist derselbe geblieben. Es scheint, als habe er einfach stagniert, in der Hoffnung, dass sich seine Träume von einem
unbeschwerten Leben doch noch irgendwann erfüllen würden. Die Distanz, die sich zwischen ihm und den anderen Protagonisten eingestellt hat, scheint beinahe schon greifbar; unsichere Gesten und betretenes Schweigen sind die vorherrschenden Kommunikationsformen.

Die Abwesenheit der Umwelt
„Country Music“ kommt ohne zusätzliche Hilfsmittel aus. Ein Bühnenbild existiert sozusagen nicht, Requisiten wurden mit Ausnahme von Kleinigkeiten auch keine verwendet. Dies lenkt natürlich die ganze Aufmerksamkeit auf die Akteure. Die Abwesenheit der Umwelt richtet den Blick gleichsam ins Innenleben der Jugendlichen und führen zusätzlich vor Augen, dass diese Geschichte überall stattfinden könnte. Die vier Schauspieler verkörpern ihre Rollen jeweils mit grosser Detailgetreue und Einfühlsamkeit; allen voran ist jedoch Henrik Zimmermann zu nennen, der den von der rechten Bahn
abgekommenen Jamie mit einer solchen Präzision verkörpert, dass sie oft recht abrupten Stimmungswechsel zwischen Wut und Vorfreude, Angst und Beruhigung durchaus glaubwürdig bleiben.

Der Mut zum Besonderen
Dennoch scheint „Country Music“ das gewisse Etwas zu fehlen. Vom Theater Winkelwiese ist man sich gewohnt, mit unkonventionellen und innovativen Einfällen überrascht zu werden, ob das nun den Plot des Stücks betrifft, das Bühnenbild oder die untermalende Musik. Da sich „Country Music“ einzig und allein auf die Handlung und die Dialoge der Figuren konzentriert, hätte man diesbezüglich gerne etwas mehr Mut zum Besonderen gewünscht. Die erzählte Geschichte bleibt leider etwas flach und es fehlen Spannungsbogen oder Reflexion. Die Thematik der prekären Situation der randständigen Jugendlichen ist höchst aktuell und aus diesem Grunde auch überall präsent. Gerade
darum müsste man sich jedoch etwas einfallen lassen, um nicht im grossen Brei des Diskurses unterzugehen.

Weitere Aufführungen bis am 17. Oktober 2009.
Besetzung: Anna-Katharina Müller, Elisabeth Rolli, Manuel Bürgin, Henrik Zimmermann
Regie: Stephan Roppel
Bühne und Kostüme: Marcella Maichle
Dramaturgie: Fanti Baum
Licht: Michael Omlin
Technik: Stefan Marti / Michael Omlin
Regieassistenz: Nadine Jaberg
Im Netz: www.winkelwiese.ch

nahaufnahmen_country music_letnansky PDF | 292 KBytes

Ankündigungen / Vorschau Country Music
Lebensstationen
Tagesanzeiger, 17.09.2009

Freitag, 14. Juli 1983, 2 Uhr. Der Parkplatz neben einer Autobahntankstelle: Jamie Carris ist achtzehn Jahre alt. Er sitzt hinter dem Steuer des Ford Cortina, den er am nachmittag geklaut hat - neben ihm die 15-jährige Linsey Sergeant. Sie teilen nächtliche Ausbruchfantasien - irgendwo zu zweit leben, ein Haus am Strand, ein guter Job. Neu anfangen. Elf Jahre später: Der Besuchsraum einer Haftanstalt. Draussen geht das Leben ohne Jamie weiter. Er verbüsst eine vierzehnjährige Haftsstrafe und träumt noch immer von den gemeinsamen Plänen mit Linsey, mit der er inzwischen eine Tochter hat. Nach der Haftentlassung: Jamie ist nun 39 Jahre alt und arbeitet als Autolackierer in London. Er will seine Tochter wieder sehen und die spärlichen Erinnerungen mit ihr teilen, sein verpasstes Leben nachholen und anknüpfen an etwas, was vor allem in seinem Kopf existiert.

Simon Stephens zeichnet in vier eindringlichen, dichten Szenen entscheidende Momente im Leben von Jamie Carris. Die Begegnungen entwickeln sich zu zwischenmenschlichen Zerreissproben und legen die Verwundbarkeit der Figuren offen. Simon Stephens wurde 1971 in Manchester geboren und lebt in London.

[b]Papa, der Mörder
Die Winkelwiese eröffnet die Saison mit Simon Stephens`«Country Music», einem Stück über einen inhaftierten Mörder, der sich vor seiner Tochter verantworten muss.
von Thomas Bodmer
züritipp, 10.09.2009

Seit 2003 leitet Stephan Roppel das Theater an der Winkelwiese. Immer wieder hätte er gern die Schweizer Erstaufführung eines Stücks des Engländers Simon Stephens inszeniert, doch das Schauspielhaus schnappte ihm jeweils die Rechte weg. Jetzt endlich klappt es zur Eröffnung der neuen Spielsaison.

Es geht in «Country Music» freilich nicht um Cowboys, sondern um Jamie, einen 18-Jährigen Engländer, der in den 1980er-Jahren von einem schönen Leben mit seiner Freundin Lynsey und seinem jüngeren Bruder träumt. Dann jedoch macht er einen Riesenfehler und kommt für 14 Jahre in den Knast. Wie er 39 Jahre alt ist, sieht er sich mit seiner 17-jährigen Tochter konfrontiert, die noch das ganze Leben vor sich hat.

Züritipp_Country Music PDF | 449 KBytes

«Country Music»
Zürichsee-Zeitung Gesamtausgabe, 12.09.2009

In der Herbstspielzeit bewegt sich das Theater an der Winkelwiese in Randzonen der gesellschaftlichen Ordnung. Es setzt sich mit Extremformen des sozialen und politischen Lebens auseinander und blickt hinter die Alltäglichkeit und scheinbare Normalität individuellen Lebens. Heute eröffnet das Theater die Spielzeit mit der Schweizer Erstaufführung von «Country Music». - Schauplatz: eine Kleinstadt in England. Klima der Jugendgewalt und Arbeitslosigkeit. Der britische Dramatiker Simon Stephens hat ausführlich in Schulheimen, Jugendgefängnissen und Haftanstalten recherchiert. Er portratiert den Lebensweg von Jamie Carris (gespielt von Henrik Zimmermann) stellvertretend für eine Generation, die sich den wenig aussischtsreichen gesellschaftlichen Zuordnungen zu widersetzen sucht und an das Prinzip Hoffnung klammert. «Country Music» läuft noch bis zum 17. Oktober, jeweils Donnerstag bis Samstag. (zsz)

«Country Music»
Keine berufliche Perspektive und Jugendkriminalität in einer englischen Industriestadt
Cruiser, kb, 01.09.2009

14. Juli 1983. Morgens um 2 Uhr auf dem Parkplatz neben einer Autobahntankstelle: Jamie Carris ist achtzehn Jahre alt. Er sitzt hinter dem Steuer des Ford Cortina, den er am Nachmittag geklaut hat – neben ihm Lynsey Sergeant, 15. Sie teilen ihre nächtlichen Ausbruchphantasien – wollen irgendwo zu zweit leben, ein Haus am Strand, ein guter Job. Neu anfangen. Und in ein paar Jahren kann Matty, Jamies kleiner Halbbruder, zu ihnen ziehen. Doch Lynsey fragt sich: Was ist gestern nachmittag genau passiert? Hat Jamie beim «Organisieren» von Chips und Tequila den Jungen hinter dem Tresen umgebracht? Ist es nicht besser, wenn er sich der Polizei stellt?

Elf Jahre später: Das Leben geht ohne Jamie weiter. Er verbüsst eine vierzehnjährige Haftstrafe und träumt noch immer von den gemeinsamen Plänen mit Lynsey, mit der er inzwischen eine Tochter hat.

Nach der haftentlassung ist Jamie 39 und arbeitet als Autolackierer in London. Er will seine Tochter wieder sehen und die spärlichen Erinnerungen mit ihr teilen, sein verpasstes Leben nachholen und anknüpfen an das, was vor allem in seinem Kopf existiert.

Simon Stephens, der Autor, ist 1971 in Manchester geboren, lebt in London. 1998 debütierte er mit seinem Stück «Bluebird», das vom Londoner Royal Court Theatre uraufgeführt wurde. Hier war er 2000 Hausautor, heute zählt er zu den meistgespielten gegenwartsdramatikern. «Port», «Am Strand der weiten Welt», «Motortown» und «Pornographie» sind seine bekanntesten Stücke.

country music_cruiser PDF | 261 KBytes

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